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Meine Schwester, das schwarze Schaf

Gerade haben wir eine durchwachte Nacht hinter uns. Das Yasmin-Moppel hatte Lämmer-Alarm gegeben, sich jedoch entschieden, doch noch ein bisschen zu warten. Wir anderen konnten nicht schlafen, kam doch dauernd ein Mensch in Morgenmantel und Gummistiefeln und mit Taschenlampe zu uns geschlichen, um zu kontrollieren. Mäh-Bäh, der Sternchen-Morgenmantel. Den mögen wir gar nicht. Und erkennen immer erst ganz spät, dass sich unsere Nicole drin versteckt.

Und Eskarina, also meine Schwester, die stellt sich dann immer besonders komisch an. Wobei sie gerade ohnehin seeeehr komisch ist. Sie hat mir zugeflüstert, dass ihr dicker Bauch daher rührt, dass sie Nachwuchs bekommt. Und ich also ein echter Onkel werde. Und mich gefälligst drüber freuen soll. Na toll. Ich habe nicht darum gebeten, Onkel zu werden. Und soll mich jetzt freuen und mit ihr mitfiebern. Und natürlich ist ihr Nachwuchs was ganz Besonderes. Oder vielmehr: wird was ganz Besonderes. Schöner, intelligenter usw. als alle anderen Lämmer auf der ganzen Welt. Sie war recht sauer, dass ich nicht in grosses Jubeln ausgebrochen bin. Und dass ich mich nicht ständig nach ihrem Befinden erkundige.

Also nicht dass ihr glaubt, dass ich kleine Lämmer nicht mag. Oder nicht gerne Onkel bin. Und ich habe meine Schwester auch sehr lieb. Nur beachtet die mich nicht, kommt nur, wenn sie was will oder Kummer hat. Ansonsten soll ich mich in ihre Angelegenheiten bitte nicht einmischen. Und ihr immer Recht geben. Und als kleines Lamm hat sie mir die Mutterliebe gestohlen und sich immer vorgedrängt. Und immer mehr bekommen als ich. Okay, da kann sie nichts dafür. Aber irgendwie sitzt mir das noch in den Knochen. Nun gut, dafür hatte ich ja die besondere Aufmerksamkeit von Nicole.

Beim Carmelita-Mädchen, da ist das anders. Die wollte mich ja letztes Jahr adoptieren, weil ich so ein Würmchen war. Und hatte immer einen Kuschelplatz für mich. Und Rosemarie hat viel von ihrer Milch spendiert, damit ich gross werde. Und die liebe Mülli-Tante, die jetzt ein Wolkenschaf ist, auch. Und so habe ich natürlich auch mehr Bezug zu den beiden Rosemarie-Lämmern und zu Wilma, dem Mädchen-Kind. Weil die Mütter meine Freunde sind. Und die Lämmer dürfen mich Onkel nennen, auch wenn so gar keine Verwandtschaft vorliegt. Und die kleine Frauke, meine süsse Halbschwester, ist natürlich der Knaller. Die ist auch (fast) immer lieb zu mir. Dabei hat die Schmitty-Mama gar nicht verlangt, dass ich den grossen Bruder spielen soll. Ich bin es einfach. Und bin es gerne.

Zurück zu meinem Eskarina-Schwester-Problem: da bin ich echt ratlos, was ich da nun tun soll. Weil – ich hab sie ja lieb. Aber ich will mich doch nicht zwingen lassen. Da werde ich bockig, unter Zwang. Naja, vielleicht macht sie noch den ersten Schritt auf mich zu. Ich will nicht schon wieder nachgeben müssen, nur weil ich angeblich der vernünftigere bin. Und sowieso glaube ich, im Recht zu sein. Vielleicht sieht sie ja ein, dass alle Mütter schöne Kinder haben. Und dass alle Mütter ihre Kinder für völlig einzigartig halten und glauben, sie würden, wenn sie gross sind, den Schafs-Nobelpreis erhalten. Und auch, dass man, wenn man Aufmerksamkeit will, auch welche geben muss.